Kaum war ich am nächsten Morgen aufgewacht, dachte ich an den vergangenen Abend zurück. Sofort plagte mich ein schlechtes Gewissen. Nicht etwa, weil der Abend so verlaufen war, wie er verlaufen war, sondern weil ich auf Grund der unbeschreiblichen Erregung einmal mehr viel zu früh gekommen war!
Nachdem der Fahrer ein weiteres Mal gehupt hatte, hatte ich den Entschluss gefasst, doch auszuparken, worauf ich bis zur nächsten Kreuzung gefahren war. Kaum hatte ich die Kreuzung erreicht, näherte sich von hinten ein weiteres Fahrzeug. Letzten Endes musste ich vier Mal um den Block fahren, um jedes Mal ein Auto, ein Auto sogar zweimal, passieren zu lassen. In dem Moment, in dem ich nunmehr das vierte Mal zur Kreuzung zurückkehrte, erkannte ich plötzlich Laura entnervt zwischen zwei Autos stehen.
„Wo kommst Du denn jetzt her?“, sprach sie für meinen Geschmack eine Spur zu vorwurfsvoll. In Anbetracht dessen, dass sie es war, die über eine Stunde zu spät war, empfand ich ihren Kommentar zudem vollkommen absurd!
Die daraufhin einkehrende Stille sorgte für eine sonderbare Atmosphäre weshalb ich zwischendurch immer wieder zu ihr rübersah. Laura, die mich konsequent ignorierte und nur stur nach vorne starrte. Ich war mir nicht sicher, ob ihr Verhalten noch etwas mit unserem Spiel zu tun hatte, ob wir uns gerade noch immer auf unserem Spielfeld befanden. Kurz das Licht einer Laterne, das für den Bruchteil einer Sekunde das Fahrzeuginnere erhellte, worauf ich einen berauschenden Blick auf ihre glänzenden Oberschenkel warf.
„Habt ihr euch heute kennengelernt?“, versuchte ich die drückende Stille zu durchbrechen. Laura schien über die Maßen angespannt zu sein und fragte mich weshalb.
„Ja.“
Statt mehr zu sagen, blieb es bei diesem Wort. Sollte das stimmen, hatte sie heute Abend einem fremden Mann gestattet, ihre Oberschenkel zu berühren, während sie diese Legging trug! Noch im selben Atemzug spürte ich die erregende Demütigung. Was er innerhalb von 90 Minuten geschafft hatte, war mir selbst nach mehreren Wochen vergönnt!
„Worüber habt ihr euch unterhalten?“
„Er hat auf Mallorca ein Haus und überlegt gerade, ob er sich ein zweites kaufen soll.“
Ihre Worte schossen wie eine weitere Sturmböe durch meinen Körper. Laura verdiente ihr Geld mit der Vermietung und dem Verkauf von Immobilien!
„Ach was!“, starrte ich vollkommen überrascht ins Leere. Damit hatte ich nun überhaupt nicht gerechnet!
„Hast Du ihm gesagt, dass Du Maklerin bist?“
„Klar!“
„Und?“
„Er war genau so überrascht wie ich.“, sagte sie und begann, zaghaft zu schmunzeln.
„Und?“, hakte ich aufgeregt nach.
„Ich habe ihm meine Karte gegeben und ihm angeboten, dass ich ihm bei der Suche gerne behilflich bin.“
„Sehr gut!“, antwortete ich. Entgegen meiner Worte überlegte ich, ob ich auch wirklich so empfand.
„Das nenne ich mal Zufall.“, schloss ich in dem Wissen an, dass es keine Zufälle gab. Weshalb sprach ich eigentlich gerade in Weiß und dachte in Schwarz?
Auf der einen Seite bestand die Möglichkeit, dass sie ein neues Geschäft abschließen, auf der anderen Seite die Gefahr, dass sie seinen Avancen zu einer Fortsetzung verhelfen konnte. Denn selbst wenn er sich bei ihr meldete, um auf ihr Angebot zurückzukommen, hieß das noch lange nicht, dass ihm auch wirklich an dem Kauf einer neuen Immobilie gelegen war. Es konnte auch bedeuten, dass er sich einfach nur deshalb wieder bei ihr meldete, um dort weiterzumachen wo er gerade aufgehört hatte.
Hinzu kam, dass das Maklerbusiness auf Mallorca ein riesiges Haifischbecken war. Es gab gefühlt Hunderte von ihnen, in der Folge ein Objekt nicht selten von mehreren Dutzend Maklern gleichzeitig angepriesen wurde. Ein Mann, der bereits ein Haus auf dieser Insel besaß, wusste um diesen Umstand und erlag nicht selten der Versuchung, diese Tatsache auszunutzen, erst recht, wenn er eine Frau wie Laura vor sich hatte, die nicht nur überaus attraktiv war, sondern zudem deutlich jünger aussah und daher unerfahren wirkte.
Wenn er der war für den ich ihn hielt, war die Chance groß, dass er sich in den nächsten Tagen tatsächlich bei ihr meldete. Im schlimmsten Falle war er ein erfolgreicher Geschäftsmann und Verführer zugleich und wusste beides hervorragend zu kombinieren. Im schlimmsten oder im besten Falle fragte ich mich im selben Augenblick und spürte einmal mehr den triebhaften Teufel in mir.
Was mich betraf, war die Wahrscheinlichkeit, dass ich bei einem weiteren Treffen erneut mit von der Partie war angesichts meiner häufigen Abwesenheit auf dieser Insel äußerst gering! Weshalb sollte ich bei einer Besichtigung in seinen Augen auch mit dabei sein sollen?
„Das ist übrigens mein Freund. Er möchte nicht, dass wir beide diese Immobilie alleine besichtige, weil er befürchtet, dass unser Flirt eine Fortsetzung erfährt, obwohl es eigentlich genau das ist, was er unbedingt will.“, legte ich mir im Stillen Lauras Erklärung zurecht.
„Hat er Dir auch seine gegeben?“, setzte ich das Interview schließlich fort.
„Nein. Er hat gesagt, dass er sich bei mir meldet, dass er aber noch nicht genau weiß ob und wann.“
„Das wäre ja super, wenn das klappt.“, sprach ich und ging im Geiste noch einmal die Konsequenzen durch.