Vollkommen außer Atem erreichte ich die Einmündung Carrer de Sant Magí Ecke Avinguda de l’Argentina, den Ort, an dem ich vor gut anderthalb Stunden ins Taxi gestiegen war. Nur noch wenige Schritte bis zur Bar, dachte ich und bog eiligen Schrittes in die Carrer de Sant Magí ein. Direkt vor der Bar erkannte ich auf dem Gehweg eine Menschentraube und begann augenblicklich jeden Einzelnen von ihnen aufmerksam zu mustern, solange, bis ich mir sicher war, dass sich Laura nicht unter ihnen befand. Kaum hatte ich die Eingangstür der Bar geöffnet, umgab mich eine Mischung aus elektronischer Musik, lautem Stimmengewirr und gedämmtem Licht.
Die Bar war nicht wirklich breit, dafür umso länger, hinzu kam, dass sie mittlerweile sehr gut besucht war. Der zunehmende Zwiespalt, auf der einen Seite Laura finden, auf der anderen Seite damit noch etwas warten zu wollen. Vielleicht konnte ich ihre Ignoranz heute Abend noch etwas weiter schüren und ihre Dominanz infolgedessen noch weiter provozieren?
Schließlich drängte ich mich an den Tresen, um etwas zu bestellen. Unterdessen ich auf den Drink wartete, drehte ich meinen Kopf wiederholt in alle Richtungen. Der Barkeeper, der mir nach einer gefühlten Ewigkeit endlich das Glas überreichte, worauf ich begann, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Auf Grund der zahlreichen Gäste kam ich allerdings nur schleppend voran. Dabei musste ich aufpassen, dass der Inhalt meines Cocktails auch im Glas verblieb.

Legging / Lackleder, Vinyl, PVC / Schwarz / gesehen auf Revolve
In dem Moment, in dem ich noch einmal in den hinteren Bereich der Bar schaute, erkannte ich urplötzlich Laura und spürte, wie mein Herz mit einem Mal aussetzte. Laura befand sich in der Anwesenheit eines Mannes! Als ich genauer hinschaute, sah ich, dass beide auf Barhockern saßen und achtete fortan auf ihre Reaktionen. Während er mit dem Gesicht zu mir saß, zeigte mir Laura den Rücken. Wie passend, dachte ich und begann über die Symbolik zu schmunzeln. Je länger ich die beiden beobachtete, desto mehr stellte ich fest, dass ihre Aufmerksamkeit einzig dem jeweils anderen galt. So angeregt wie sie sich unterhielten, konnte man beinahe glauben, dass sie sich schon seit Längerem kannten. Zumindest schienen sie sich sympathisch zu sein.
Als ich nur noch etwa fünf Meter von ihnen entfernt war, öffnete sich zwischen den Gästen vor mir plötzlich eine Schneise, so dass ich für einen kurzen Moment einen direkten Blick auf beide werfen konnte. Was folgte war eine überaus rasche Bestandsaufnahme, mit der ich versuchte, in der Kürze der Zeit möglichst viele Details zu registrieren. Wie auffallend ihre Legging selbst in diesem gedämmten Licht glänzte! Während Lauras Beine auf dem Steigbügel ihres Hockers standen, stand er mit seinen auf dem Boden. Dabei standen ihre Beine derart dicht beisammen, dass Laura ihre Beine nur leicht zu schließen brauchte, um mit ihren Knien seine Oberschenkel zu berühren!
Statt auf sie zuzugehen und mich als ihr Freund zu outen, lief ich konsequent weiter, so als ob wir uns partout nicht kannten. Schließlich war ich gerade erst angekommen und hatte von meiner Rolle als Voyeur gerade einmal gekostet.
In dem Moment, in dem ich mich mit ihnen auf gleicher Höhe befand, trennte uns höchstens noch ein Meter, als ich sie plötzlich miteinander sprechen hörte. Auf Grund des Lärmpegels konnte ich nicht genau verstehen über was sie sprachen. Alles was ich mitbekam, war, dass sie sich auf deutsch unterhielten. Schließlich drehte ich meinen Kopf in ihre Richtung, um weniger in ihre Gesichter, als vielmehr noch einmal auf Lauras Beine und in der Folge auch in ihren Schritt zu schauen. Wie sexy sie mit dieser Legging aussah! Als ich doch noch schnell in ihr Gesicht blickte, erkannte ich, dass ihre Aufmerksamkeit nach wie vor nur ihm galt, obwohl sie in diesem Augenblick gar nicht anders konnte, als auch mich wahrzunehmen.
Kurz nach dem ich sie passiert hatte, erkannte ich schräg hinter ihnen, auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges einen Stehtisch, der mit einem Herrn in den Fünfzigern besetzt war. Schließlich trat ich zu ihm heran und fragte ihn, ob er etwas dagegen hatte, wenn ich mich zu ihm gesellte. Seine Antwort, die durch den urplötzlich einsetzenden Bass übertönt wurde. Seine Geste, die daraufhin deutete, dass ich an seinem Tisch willkommen war. Als ich meinen Blick wieder auf Laura richtete, sah ich, dass sie auch weiterhin nur Augen für ihren Gesprächspartner hatte. Und so erfuhr unser Spiel insofern eine Fortsetzung, als dass ich Dank ihrer Ignoranz aus dem Schatten heraus in die Sonne schauen konnte, dass mir die Rolle des Voyeurs auch weiterhin zuteil wurde.
Als ich wieder auf Lauras Beine achtete, stellte ich fest, dass sie sie zwischenzeitlich etwas mehr geöffnet hatte. War das ihr Zeichen, mich darüber in Kenntnis zu setzen, dass sie mich sehr wohl wahrgenommen hatte? Als ich daraufhin noch einmal zu ihr sah, kam ich nicht umhin, festzustellen, dass sie ihre Beine plötzlich spreizte, dass nunmehr nicht mehr viel fehlte, bis sie ihren Schritt genauso preisgab, wie sie es im Kaufhaus getan hatte!