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Real Life /// Working in Trance (3/4)

„Hast Du meine Nachricht nicht bekommen?“
„Doch?“
„Dann weißt Du wo ich gerade bin.“
„Das Video auch?“, schrieb sie gleich darauf.
„Auch das.“
„Und? Wie hat es Dir gefallen?“
„Sehr gut!“
„Wo bist Du gerade genau?“, hakte ich nach. Die zunehmende Neugier machte mich schier verrückt.
„In der Altstadt.“

Sofort begann mein Kopfkino wieder einzusetzen und Laura in den engen Gassen zu zeigen.
„Und Du?“
„Wieder im Büro.“
„Warst Du unterwegs?“
„Ich war beim Italiener.“
„Mh, lecker! Was gab es?“
„Nichts.“
„???“
„Mir war nach dem Video nach etwas anderem zumute.“
„:-)))“
„Gefällt es Dir, mit dieser Legging durch Palma zu laufen? Ich meine so ganz allein.“
„Ja?“
„Dann hast Du bestimmt schon den ein oder anderen Blick erhalten, stimmt’s?“
„Drei mal darfst Du raten.“
„Ist viel los auf den Straßen?“, versuchte ich immer mehr zu erfahren.
„Sehr viel sogar!“
„Und? Gefallen Dir die Blicke?“
„Klar! Irgendwie sind es heute sogar noch mehr.“
„Liegt bestimmt daran, dass Du alleine bist.“
„Oder daran, dass ich heute die einzige bin, die bei dieser Hitze auf die Idee gekommen ist, eine Legging anzuziehen.“
Sofort dachte ich daran, dass sie nichts drunter trug.
„Ich muss die ganze Zeit daran denken, dass Du mit dieser Legging durch Palma läufst und von irgendwelchen Typen angestarrt wirst.“
„Und wie geht es Dir bei diesem Gedanken?“, erreichte mich ihre Antwort wenige Augenblicke später.
„Ich schwebe.“
„Und dass, obwohl Du so weit weg bist?“
„Obwohl ich so weit weg bin, ja.“
„Mich turnt das fast sogar noch mehr an.“
„Warum?“
„Weil nicht ich auf Deinen geilen Arsch schauen kann, sondern ein anderer. Sogar viele andere!“
„Macht Dich das nicht eifersüchtig?“
„Doch? Aber eben auch wahnsinnig geil!“
Stille.
„Irgendwie fühle ich mich Dir dadurch ausgeliefert. Du machst etwas, worauf ich keinen Einfluss habe.“
Ich wollte, dass sie wusste, was genau ich in diesem Moment empfand.
„Obwohl ich gerade nichts anderes mache, als nur durch die Altstadt zu laufen?“
„Du vergisst, dass Du dabei diese fucking Legging trägst und bei unzähligen Typen sehr viel Aufmerksamkeit erregst, während ich in Berlin bin und an meinem Schreibtisch sitze. Womit es 2:1 für sie steht.“
„2:1?“
„1:1, weil es mir, aber auch allen anderen in dem Augenblick, in dem Du diese Legging trägst, nur erlaubt ist, Dich anzuschauen aber nicht anzufassen. Und 2:1, weil mir dazu gerade die Gelegenheit fehlt, im Gegensatz zu den anderen, weshalb sie mir diesbezüglich gerade deutlich voraus sind.“
„Und das macht Dich an?“
„Dass macht mich gerade an, ja. Dass andere Männer unterm Strich mehr von Dir haben könnten.“
„Also das Wort KÖNNTE kannst Du heute definitiv streichen.“, las ich prompt.
Stille.
„Ist das ein Grund, weshalb Du so selten hier bist?“
„Das hat geschäftliche Gründe und dass weißt Du auch!“

Auf meine letzte Nachricht folgte längere Zeit nichts. Als ich nach etwa vierzig Minuten eine weitere SMS erhielt, traute ich meinen Augen kaum.
„Verlierst Du eigentlich gerne?“, bohrte sich ihre Frage plötzlich wie ein Messer durch meinen Verstand. So sehr ich mich über ihre Worte auch ärgerte, so sehr musste ich auch über sie schmunzeln. Wussten wir doch beide, dass ich definitiv kein Verlierer war, dass das Verlieren lediglich eine Facette meines Sexuallebens war. Ich dachte nach. Einerseits wollte ich auf keinen Fall, dass sie mich für einen Verlierer hielt, doch andererseits turnte mich dieser Gedanke gerade auch unbeschreiblich an.

„Beim Sex hat das Thema Verlieren durchaus seinen Reiz.“
Erneut folgte längere Zeit nichts.
„Haben wir gerade Sex?“
Je länger ich über ihre Frage nachdachte, desto stärker zog ich plötzlich die Möglichkeit in Betracht, dass sie der Situation gerade nichts abgewinnen konnte, dass sie die Situation alles andere als erregend fand. Schließlich fragte niemand, der gerade fickte, ob er gerade fickte, auch wenn sich der Sex nur im Kopf abspielte.
War ich in Bezug auf das Wechselspiel zwischen Dominanz und Unterwerfung in letzter Zeit womöglich doch zu einseitig gewesen? Ihre Worte deuteten gerade darauf hin. Ich musste zugeben, dass die dominante Rolle in den letzten Tagen bisweilen Wochen einzig an sie gegangen war und überlegte, ob sie sich derzeit nach mehr Dominanz auf meiner Seite sehnte. Weshalb hatte sie sich dann letzte Woche im Kaufhaus derart verhalten und in ihrer Dominanz regelrecht gebadet? Weshalb hatte sie mir heute dieses Video geschickt? Sie wusste ganz genau, dass sie mich damit provozierte, eben sexuell provozierte, dass sie auch damit dominant wirkte. Um mich oder um sich in erster Linie selbst zu testen?

Auch wenn ich in ihren Augen kein Verlierer sein wollte, der Gedanke, dass sie mich in diesem Augenblick für einen hielt, begann bei mir plötzlich für immer mehr Erregung zu sorgen. Dass sie in mir einen Loser sah und sich insofern daran störte, als dass sie schlicht und ergreifend nicht mit einem Loser zusammen sein wollte, weshalb sie aus diesem Grund nur all zu gern bereit war, sich heute auf eine Einladung, womöglich sogar auf einen Flirt einzulassen, ohne, und dass war der eigentliche Reiz dabei, in irgendeiner Form Rücksicht auf mich zu nehmen.

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