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Russisches Roulette /// Rebecca (1/4)

Die kräftezehrende Frage, ob Olivia und ich überhaupt noch zusammen waren. Ich spürte Unsicherheit, die sich insofern verstärkte, als dass mein Wunsch, wieder mehr Zeit mit ihr zu verbringen in ihren Ohren immer seltener Beachtung fand. Ihre Worte, dass sie bereits mit Ben verabredet war. Die Art wie sie sich dabei ausdrückte, interpretierte ich insofern, als dass sie mir das Gesagte immer häufiger mit einer gewissen Leichtfertigkeit zu verstehen gab. Je öfter sie mir absagte, desto mehr fragte ich mich, ob es zwischen den beiden mittlerweile so etwas wie einen Alltag gab. Ihre Antwort darauf war stets die selbe, dass sie sich mit ihm nach wie vor nur zum Ficken traf.


Die Gewissheit, dass es Olivia mittlerweile als ihr gutes Recht empfand, nunmehr zwischen zwei Männern wählen zu können, den einen grundsätzlich nur sehen, den anderen ausnahmslos nur ficken zu wollen. Trotz des daraus resultierenden Gefechts spürte ich nach wie vor Enttäuschung und Erregung. So gab es Tage, an denen ich bei dem Gedanken daran bis zu 8 Mal onanierte. Auch wenn eine Zwangsentsamung in dieser Rubrik einen Oscar erhielt, war ich angesichts meines derzeitigen Empfindens zumindest für einen solchen nominiert.
 
 
Der wiederholte Blick auf die Uhr. Wir waren verabredet. Wir, das waren Olivia, Ben und ich. Wenn man einmal vom Abend unseres Kennenlernens absah, zum ersten Mal aufrichtig und ganz offiziell.
So sehr ich auch im Vorhinein auf die ein oder andere Informationen gehofft hatte, über den genauen Verlauf des bevorstehenden Abends hatten beide bis zum Schluss Stillschweigen bewahrt. Es war Samstag und so konnte ich mir gut vorstellen, dass wir uns zwar zunächst bei mir trafen, gleich darauf jedoch durch das Nachtleben zogen. Ihre in der Vergangenheit gesprochenen Worte, dass es ihr bei ihm nur um den Trieb ging. Wer sagte mir, dass sie nicht immer mehr Gefallen daran fand und ich aus diesem Grund nicht längst dabei war, sie für immer zu verlieren?
Die Befürchtung, dass beide zusammen eintreffen würden. Die Bestätigung, als es auch genau so kam. Kaum hatte ich ihnen die Wohnungstür geöffnet, trat Olivia als erstes auf mich zu. Entgegen unserer Gewohnheit küsste sie mich dieses Mal das erste Mal seit unserem Kennenlernen nicht auf den Mund. Wie angewurzelt blieb ich stehen und starrte gleichsam überrascht wie enttäuscht hinter ihr her. Ben, der daraufhin süffisant schmunzelte und ohne jedwede Form einer weiteren Beachtung nüchtern an mir vorbei schritt.
Kaum war ich ihnen ins Wohnzimmer gefolgt, erkannte ich sie dicht an dicht auf der Couch sitzen. Mein Blick, der begann, orientierungslos durch den Raum zu schweifen.
„Vier.“, sprach Ben plötzlich und zeigte auf das von mir bereitgestellte Glas eins bis drei.
 
 
„Vier?“, wiederholte ich und vernahm augenblicklich ein Klingeln an der Tür.
„Rebecca.“, sprach sogleich die Fremde und schob sich wie selbstverständlich an mir vorbei. Gedankenversunken blieb ich stehen. Ihre High Heel‘s auf dem Parkett, die sich immer weiter in Richtung der beiden entfernten. Ihr intensiver Duft, der mich auch noch Minuten später im Flur umgab. Die Wohnungstür, die langsam zufiel und sich ohne mein Dazutun nahezu lautlos schloss.
Die Überraschung lag anscheinend einzig auf meiner Seite, so wie sich alle drei in der Ferne begrüßten. Ich vernahm leises Flüstern, zwischendurch immer wieder einen Kuss.
„Vier“, erinnerte ich mich seiner Bemerkung und lief ich in die Küche, um ein weiteres Glas zu holen. Nachdem ich zurückgekehrt war, blickte ich abwechselnd auf alle drei. Dass sie sich von jetzt auf gleich angeregt unterhielten, untermauerte den Verdacht, dass sie sich seit längerem kannten, auch weil Rebecca seit Beginn an eingeengt zwischen ihnen auf der für drei Personen viel zu kleinen Couch saß.
Ich begann mich zu fragen, was Ben mit Rebecca‘s Anwesenheit bezweckte und schwenkte meinen Blick wiederholt auf alle drei. Die erste Flasche war schnell alle, worauf ich begleitet von großer Ungeduld aufstand, um rasch eine zweite zu holen.
Mein erneuter Blick in die Runde. Vergebliche Versuche, mit Olivia wenigstens Augenkontakt aufzunehmen. Wenn mich jemand im Nachhinein gefragt hätte über was wir an diesem Abend gesprochen hatten, wäre mir auf Grund der Emotionen wohl nicht viel eingefallen.
„Und? Hast Du Dir das noch einmal überlegt?“, sprach Ben mit einem Mal zu Olivia, worauf uns das erste Mal an diesem Abend so etwas wie Stille umgab.

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