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Russisches Roulette /// Erleichterung vs. Lust (1/2)

„Gefällt Dir die momentane Situation?“
„Welche genau?“, antwortete sie und betrachtete mich mit einem aufmerksamen Blick.
„Dass wir einerseits zusammen sind und er Dich anderseits fickt.“
Stille.
„Wir sind doch noch zusammen, oder?“, war ich mir unserer Beziehung urplötzlich nicht mehr sicher und starrte sie eher ängstlich denn selbstbewusst an.
„Ja?“
Ich spürte Erleichterung.
„Und?“, setzte ich schnell nach.
Sie wandte ihren Kopf beiseite und dachte nach.

„Unabhängig davon, dass unsere Beziehung in letzter Zeit nur noch aus diesem einen Punkt zu bestehen scheint, gefällt es mir, ja. Ich versuche es zwar noch immer komplett nachzuvollziehen, doch beginne ich auch, mich langsam damit zu arrangieren.“
„Womit?“
„Damit, dass Du es nicht mehr tust, dass Du mich in dieser Hinsicht einem anderen überlässt.“
Stille.
„Ja, wir sind noch zusammen, auch wenn wir uns in letzter Zeit nur wenig gesehen haben, doch dass liegt wie Du weißt, in erster Linie an Deinem beruflichen Engagement.“
Stille.
„Wenn wir uns sehen, gehen wir Essen, oder ins Kino, besuchen Galerien, verbringen die Zeit entweder bei Dir oder bei mir. Einzig in Sachen Sex scheinen wir uns irgendwie von anderen Paaren zu unterscheiden.“, unterbrach sie ihre Bemerkungen mit purer Ironie.
„Und dass nicht etwa, weil ich keine Lust mehr habe, sondern Du!“
Stille.
„Lust habe ich durchaus.“
„Nur nicht auf mich?“, erweiterte sie den Satz und zog sich beleidigt zurück.
Stille.
„Gibt es Dir Genugtuung, in dem Moment in dem er Dich fickt?“
„Ja? Und nach Deiner letzten Bemerkung erst recht!“
„Spürst Du dabei nur Genugtuung oder auch Lust?“
„Ich bin eine Frau die Sex liebt, natürlich erregt es mich, wenn, vor allen Dingen wie er mich nimmt!“
Stille.
„Fickt er Dich besser als ich?“
„Versuchst Du mit dieser Frage Dein Selbstwert wieder aufzupolieren?“
Gespannt blieb mein Blick auf sie gerichtet.
„Ich glaube, dass ich bei ihm zu Dingen bereit bin, wozu ich bei uns beiden kaum vielleicht sogar überhaupt nicht fähig wäre.“
„Zum Beispiel?“, überschlug sich förmlich meine Ungeduld.
„Keine Ahnung.“
Stille.
„Und Weshalb?“
„Weil es bei ihm nur um den Trieb geht, bei Dir hingegen auch um das Gefühl!“
 
Gedankenversunken wendete ich meinen Blick von ihr ab. So wie sie sich gerade ausgedrückt hatte, schien sie zwischen Ben und mir zu differenzieren. Auch wenn zwei Paare im Leben größtenteils parallel existierten, war es doch in diesem Falle eher so, dass sich beide Existenzen mehr als nur ein wenig berührten. Allem Anschein nach hatte sie zwischen Ben und mir wirklich eine Grenze gezogen, der eine war für den Trieb verantwortlich, der andere für das Gefühl.
 
„Kannst Du Dich noch daran erinnern, dass ich Dir gesagt habe, dass es mir gefällt, wenn sich ein anderer für Dich interessiert?“
„Ja? Schließlich habe ich mich in der Vergangenheit mehr als einmal davon überzeugt!“
Stille.
„Dann konntest Du Dir nicht vorstellen, dass es mir auch gefallen würde, wenn Du sogar mit einem anderen schläfst?“
„Nein. Daran, dass es so sein könnte, habe ich nie gedacht.“
Stille.
„Wenn es wirklich so ist, weshalb warst Du dann in dem Augenblick in dem ich Ben bei Dir einen geblasen habe, die meiste Zeit weg?“, setzte sie nach.
Stille.
„Mittlerweile hast Du sogar mit ihm eine Nacht verbracht. Damit wäre wohl bewiesen, dass mir diese Vorstellung durchaus gefällt.“
Stille.
„Die eine Seite der Medaille könnte so lauten, die andere, dass Du die Realität insgeheim vielleicht doch nicht wirklich willst?“
So wie sie das soeben betont hatte, schien sie von mir unglaublich enttäuscht.
„Ich hoffe Du vergisst es nie!“
„Was?“
„Dass es Deine Idee war, zu einer offenen Beziehung überzugehen.“
Offene Beziehung? Urplötzlich fiel mir auf, dass sie womöglich noch immer nicht wusste, was ich mit all dem bezweckte, weshalb alles so war wie es war.
„Offene Beziehung?“
Fragend schaute sie zu mir rüber.
„Als was würdest Du Ben sonst bezeichnen? Teile mir übrigens mit, wenn Du eine andere fickst, denn dann ist mit uns definitiv Schluss!“
„Niemand sprach von einer offenen Beziehung.“
„Sondern?“
„Eher von einem Spiel.“

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