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Märzgeburt /// Träume, gute und schlechte

Nachdem ich mich wieder ins Schlafzimmer zurück gezogen hatte, lag ich auf dem Bett und starrte zur Decke. Mir fiel ein, dass ich Adamo und Fabrizio zwar gesagt hatte, dass ich Olivia hieß und im De l’Europe wohnte, nicht aber welche Suite ich bewohnte. Doch was hieß das schon. Mit diesen beiden Informationen musste es ein lächerlich geringer Aufwand gewesen sein, um schließlich die entsprechende Nummer zu erfahren. Geistesgegenwärtig stand ich auf, lief zur Eingangstür und schaute durch den Spion. Niemand zu sehen, dachte ich und öffnete die Tür. Ich trat in den Flur und drehte mich im Kreis. Noch immer niemand zu sehen. Wen oder was hatte ich eigentlich erwartet?

Ich verspürte mit einem Mal den Drang, meine nächtliche Liaison noch einmal anzuschauen, stellte mich vor den Bildschirm und drückte auf Start. Bitte legen Sie eine DVD ein, las ich plötzlich und drückte noch einmal auf Start. Bitte legen Sie eine DVD ein, las ich die Aufforderung erneut. Kaum hatte ich den Player geöffnet, erkannte ich weshalb.
Nervös schaute ich mich um. Je mehr ich mich der Suche hingab, desto mehr kam ich zu der Erkenntnis, dass ich mich vorhin sofort ins Bad begeben hatte und richtete meine Aufmerksamkeit unverzüglich auf ihn.
„Dieser Mistkerl.“, murmelte ich insgeheim vor Wut und wählte die Nummer der Rezeption.
„Hier ist noch einmal Suite 26. Ich hatte vor kurzem einen Pagen bei mir. Würden Sie ihn bitte noch einmal schicken? Er hat etwas vergessen.“
Als es kurz darauf an meiner Tür klopfte, öffnete ich rasend schnell die Tür.
Doch anders als von mir gehofft, stand nicht der Gewünschte, sondern lediglich ein Kollege von ihm vor mir. Enttäuscht starrte ich ihn an.
„Guten Abend.“, sprach dieser leise und erwartete sichtlich, dass ich ihm augenblicklich Einlass bot.
„Was ist mit Ihrem Kollegen? Eigentlich hatte ich nach ihm gefragt.“
„Verzeihen Sie, doch mein Kollege befindet sich seit wenigen Minuten nicht mehr im Haus.“
Ich wollte keinen anderen Pagen und schob ihn eilig wieder hinaus. Ich wollte den, der soeben meinen Film an sich genommen hatte und biss mir unüberlegt auf die verletzte Lippe. Schmerzverzerrt stiefelte ich auf und ab. Ich bekam eine Idee. Hatte er mir nicht seine Handynummer gegeben und begab mich auf die Suche nach ihr. Während ich daraufhin wie wild in meinen Sachen wühlte, überkam mich plötzlich große Müdigkeit und ließ schließlich vollkommen erschöpft von ihr ab.
Er war bestimmt längst zu Hause und für eine Rückkehr garantiert nicht mehr zu gewinnen. Lustlos warf ich das Handy auf die leere Seite des Bettes und legte mich frustriert dazu.
 
 
Ich wusste nicht, wie viele Stockwerke ich rannte. Ich rannte so lange, bis ich ganz unten war. Als ich ich mich umsah, entdeckte ich drei Türen. Schnell zog ich am Griff der ersten und rutschte ab. Geistesgegenwärtig griff ich zur nächsten, das Schicksal meinte es anscheinend gut mit mir, denn kurz darauf öffnete sie sich wie von Geisterhand.
Mit dem Öffnen der Tür vernahm ich große Erleichterung. Sie hielt jedoch nicht lange, denn augenblicklich später befand ich mich in einem dunklen Kellergang. Meine Panik begann wieder zu steigen, kein Ausgang, wohin ich auch schaute. Der Gedanke die Schuhe auszuziehen. Zuerst meine Tasche und nun auch noch sie.
Weshalb hatte ich die Straße nicht erreicht? Konnte es sein, dass ich blind vor Panik einfach zu weit gelaufen war?
Während ich über den zurückgelegten Weg nachdachte, begab ich mich immer weiter in das schwach beleuchtete Labyrinth. Wie unerträglich heiß es hier unten war. Ich passierte Ecken und schmale Flure und rannte mit einem Mal mit voller Wucht gegen eine Kiste. Der einsetzende Schmerz, der Schwindel, beides zusammen schrie stumm in diese beängstigende Dunkelheit. Voller Anspannung lauschte ich in die Stille, weshalb nur war ich in meinem Schritt ausgerechnet jetzt so dermaßen feucht?
War ich noch immer allein? Der Gedanke aufzugeben. Vielleicht war er mittlerweile längst wieder zurückgekehrt? Wer sagte mir, dass er sich mittlerweile nicht entschuldigten wollte und angesichts meiner Situation durchaus Mitleid empfand?
Der Verstand, der schrie Das ist eine Wunschvorstellung und Du in Kürze ein hemmungslos durchgeficktes Stück!
„Habe ich Dich gerade gehört?“, vernahm ich mit einem Mal aus der Stille. Mein Pulsschlag drohte zu kollabieren, mein Kopf in der Folge in tausend Einzelteile zu zerspringen.
„Ich weiß, dass Du hier unten bist, das Du nur hier unten sein kannst.“
„Ich bin hier drüben.“, antwortete ich in der Gewissheit, mein Schicksal auf diese Weise endgültig zum Scheitern verurteilt zu haben. Verblüfft darüber, wie dicht er gewesen war, schaute ich einen kurzen Augenblick später in sein auf Grund des schummrigen Lichtes nur schwach konturiertes Gesicht.
„Wie es scheint, hast du mich gefunden. Der Kandidat erhält die volle Punktzahl.“
Seine Hand kam schnell. Schnell und unvorbereitet. Ohne den Hauch einer Chance traf sie mich, doch anders als gedacht, empfand ich weder Schmerz, noch Demütigung, im Gegenteil, voller Gleichgültigkeit richtete ich mich wieder auf und schrie lautlos nach mehr.
„Und fühlst Du Dich jetzt besser?“, hauchte ich ihm gleichgültig entgegen.
„Wenn Du geglaubt hast, dass Du mich zum Narren halten kannst, hast Du dich geirrt!“
„Ich wollte Dich nicht zum Narren halten.“, entgegnete ich ihm.
„Nur ein wenig mit Dir spielen.“
Kaum hatte ich diesen Satz zu Ende gesprochen, sah ich einen Schatten, knallte seine Hand erneut auf mein Gesicht. Obschon mein ganzer Körper zitterte, begann ich mich erneut aufzurichten und ihn mit einem herausfordernden Lächeln anzustarren.
 
 
Schweißgebadet wachte ich auf. Weil ich mich immer wieder aufs Neue in der surrealen Welt des Traumes verlor, versuchte ich mit allen Mitteln wach zu bleiben und achtete verzweifelt auf jedes noch so kleine Detail. Um der Wirklichkeit noch mehr Ausdruck zu verleihen, stand ich schließlich auf und lief zu den großen Fenstern im Salon. Desorientiert schaute ich nach draußen, versuchte ich mich mit aller Macht immer wieder aufs Neue an irgend etwas zu orientieren.

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