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Märzgeburt /// Ein Mann namens Job

Adamo deutete mir schließlich, näher zu kommen. Zögernd kam ich seiner arroganten Aufforderung nach und rutschte noch dichter an ihn heran. Ich starrte gebannt in seine Augen und achtete auf seine Hände.
„Ich werde den Eindruck nicht los, dass ich Dich darüber aufklären muss, was ich von Dir erwarte. Ich erwarte von Dir, dass Du Dich Deiner Verpflichtung entsprechend aufgibst und das tust, was ich von Dir verlange. Zeige mir, dass ich wichtiger bin als jeder andere Mensch auf dieser Welt. Sogar wichtiger als Du selbst. Und wenn ich sage, lutsch meinen Schwanz, dann möchte ich, dass Du das auch machst. Hast Du mich verstanden?“


„Fick Dich!“, flüsterte ich ihm mit einem provokanten Blick ins Gesicht und stand auf.
Ich wollte meine Tasche nehmen und ihm das Geld zurückgeben, doch in dem Moment in dem ich nach ihr griff, nahm er sie schnell an sich. Wie bei einem Kind das sich freut, einem Erwachsenen zuvor gekommen zu sein, lichtete sich für einen kurzen Augenblick seine dunkle Aura.
„Du kannst gehen wohin Du willst aber Deine Tasche bleibt hier.“
Ungläubig starrte ich ihn an.
„Geht es Dir um das Geld? Nimm Dein scheiß Geld aber gib mir meine Tasche.“, fauchte ich ihn an.
„Ich brauche mein Make-up.“, schoss ich schnell hinterher, nur um ganz sicherzugehen, dass ich keinen Vorwand unversucht ließ.
„Du brauchst jetzt kein Make-up. Du bist bezaubernd genug.“
 
 
Wütend hastete ich auf die Toilette. Wie konnte er es wagen. Bezogen auf einen so niedrigen Beweggrund war mir in dieser blasierten Art noch nie jemand gegenüber getreten und betrat erneut eine dieser Kabinen. Doch andererseits, was hatte ich erwartet. Urplötzlich ließ ich den Abend Revue passieren. War ich es nicht gewesen, der das Professionelle herausgefordert hatte und nicht umgekehrt? Ich schaute in den Spiegel. Meine Aufregung schien mehr und mehr zu verblassen. Je leiser sie wurde, desto durchdringender wurde die Erkenntnis, dass mir die Art seiner Berührung im Grunde genommen sogar gefallen hatte. Ich hatte mir zwar gesagt, die von ihm geforderte Intimität nicht mehr teilen zu wollen, doch ich spürte, dass das nur vorgeschoben war und meinem ehrlichen Empfinden widersprach. Während ich in meinen Gedanken schwelgte, klopfte es mit einem Mal an der Tür. Ängstlich öffnete ich sie und erkannte Isabella.
„Bist Du allein?“
Neugierig schaute sie an mir vorbei. Natürlich war ich allein. In dem Augenblick, in dem ich ihre naive Frage belächelte, trat sie in die Kabine und drückte mich gegen die Wand. Unsere Zuneigung erfuhr unverhofft eine Fortsetzung.
„Hast Du Lust?“, unterbrach Isabella unsere Liaison und deutete auf ein Tütchen in ihrer Hand.
„Adamo hat meine Tasche.“, ging ich nicht weiter auf ihre Absicht ein.
„Adamo ist ein interessanter Mann aber er weiß oft nicht wann er zu weit geht.“, versetzte mich Isabella in die Erkenntnis, dass sie ihn anscheinend sehr gut kannte, unterdessen sie sich das weiße Pulver abwechselnd in die Nase zog.
Diese fordernde Hand zwischen meinen Beinen, vorhin im Restaurant und begann über Adamo weiter zu sinnieren. Ich erinnerte mich an den festen Griff, sowohl im Maja, als auch vorhin auf der Couch und berührte augenblicklich später meinen Hals. Auf diese chauvinistische Manier berührt zu werden, war genau das was ich liebte, von einem Mann regelrecht erwartete. Konnte es sein, dass er mich auf ungeahnte Weise einfach nur überrannt hatte? Ich begann über ihn zu schmunzeln und an Isabellas Worte zu denken. Er war in der Tat ein sehr interessanter Mann. Ich entschied, zurückzugehen und mich seinen reizvollen Allüren vorerst weiter hinzugeben.
 
 
Auf dem Weg zurück erkannte ich, dass sich zu Fabrizio und Adamo in der Zwischenzeit ein neuer Gast gesellt hatte. In dem Moment, in dem ich die Lounge wieder betrat, unterbrachen die drei ihr Gespräch und schauten mich an.
„Du bist zurückgekommen?“, fragte mich Adamo überrascht.
„Siehst Du das hier?“ und zeigte auf meine Tasche in seiner Hand. Für einen Außenstehenden sah es so aus, als gehörte die Tasche zu ihm und begann lauthals zu lachen. Erneut starrten sie mich an.
„Olivia? Komm bitte zu mir. Ich möchte Dir jemanden vorstellen.“, rief er mir zu und winkte mich erneut in seiner herablassenden Art zu sich heran.
„Job. Das ist Olivia.“
„Olivia. Das ist Job.“
Job war ein Mitvierziger und leicht untersetzt. Er war kleiner als ich und im Gegensatz zu Adamo und Fabrizio äußert leger gekleidet. Seine Anwesenheit kam mir gerade recht.
Adamos Art mich zu berühren war das eine, seine mittlerweile dauerhaft abwertende Manier etwas völlig anderes und währenddessen ich das eine liebte, begann ich das andere zu hassen. Ich konzentrierte mich mehr und mehr auf Job. Während er mich nach meiner Herkunft fragte, trat Fabrizio an unsere Seite und erklärte, dass Job einen Teil des Rätsels verkörperte. Fragend schaute ich Fabrizio an. Was meinte er damit?
„Unser Rätsel, im Maja.“, versuchte er die Fragezeichen über meinem Kopf zu relativieren. Ohne weiter darauf einzugehen, übernahm Job plötzlich die Konversation.
„Ich habe Dich ja schon auf einem Foto bewundern dürfen, aber die Realität haut mich glatt weg um. Wenn ich heute nicht schon einmal abgedreht hätte, würde ich eure Besetzung glatt weg ändern.“
Fabrizio und Job begannen laut zu lachen. Foto? Abgedreht? Ich verstand kein einziges Wort. Fabrizio ergriff wieder das Wort und erklärte mir, dass Job früher Darsteller gewesen sei, mittlerweile jedoch die Kameraseite gewechselt hatte und sogar Spielfilme produzierte.
„Mir wurde es als Darsteller irgendwann zu einseitig.“, unterbrach Job Fabrizio.
„Ich begann mich immer mehr für die Seite hinter der Kamera zu interessieren. So konnte ich mich weiter entwickeln. Ich lernte zu filmen und zu produzieren. Wenn mich dennoch der Trieb packt, was ab und an vorkommt, verpasse ich mir einfach eine Rolle. Wie viele Filme hast Du schon gemacht?“
Job schaute mich erwartungsvoll an.
„Noch nicht viele.“, improvisierte ich unsicher. Je mehr Teile ich aneinander reihte, desto mehr fügte sich das Puzzle zusammen. Langsam kam ich zu der Einsicht, welche Absichten Adamo und Fabrizio seit unserem Kennenlernen im Maja verfolgten. Sie wollten einen Porno.
„Fabrizio, Adamo. Habe ich euch eigentlich jemals erzählt, wie ich zu dem Namen Job gekommen bin? Den Namen hat mir vor Jahren eine Darstellerin verliehen. Er stammt aus der Bibel und bedeutet ein von Gott geprüfter Mann der standhaft bleibt. Seitdem nennt man mich im Job Job.“
Selbstverliebt lachte er in sein Glas.

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