comment 0

Märzgeburt /// Jedes Mysterium hat seinen Preis

„Wie viel ist Ihnen denn mein Mysterium wert?“, versuchte ich das einseitige Frage Antwort Spiel zu unterbrechen. Kaum hatte ich die Frage zu Ende gesprochen, gesellte sich der Barkeeper mit einer neuen Flasche zu unserem Platz.
„Bevor wir auf unsere Bekanntschaft anstoßen, möchte ich gerne, wenn Du erlaubst, ein Erinnerungsfoto aufnehmen.“, sprach Adamo meinen Versuch, mehr über sie zu erfahren zunichte und zückte ein Handy aus seinem Jackett.
„Erinnerungsfoto? Das hört sich aber nach einer sehr kurzen Bekanntschaft an.“, antwortete ich und schaute ihn schauspielernd an. Sein Handy in Position gebracht, lehnte ich mich schließlich gegen Fabrizio und lächelte in das Objektiv. Unterdessen sich Adamo weiterhin mit seinem Handy beschäftigte, erhob Fabrizio sein Glas und wartete geduldig auf unsere Imitation.

„Auf unsere Geheimnisse.“, brachte er die Gläser kurze Zeit später zum Klirren.
„Unter gewissen Umständen gibt es zugegebener Maßen tatsächlich einen Preis.“, fuhr der Toastspendende vorsichtig fort, ganz so, als ob er sich nicht vollends sicher war.
„Ein Preis, der auf Gegenseitigkeit beruht und vom Umfang Deiner Vorstellung abhängt.“
Unsere Kommunikationsbahnen nahmen dermaßen deutungsvolle Ausmaße an, dass ich immer wieder laut schmunzelte und begann, sie in vollen Zügen zu genießen.
„Habe ich Sie richtig verstanden? Ich nenne Ihnen meinen Preis, in der Hoffnung, dass Sie Ihr Rätsel wahrheitsgemäß auflösen?“, begegnete ich ihm.
„Besser hätte ich es nicht formulieren können.“, schmunzelte nun er.
Unterdessen ich über meine zukünftigen Bedingungen nachdachte, hörte ich plötzlich das entfernte Piepen eines Handys und erkannte, dass Adamo sein Handy erneut hervor holte und es Fabrizio erwartungsvoll entgegen streckte. Ihrer Mitteilung versucht Verständnis einräumend, wartete ich geduldig auf ihre wiederkehrende Aufmerksamkeit. Dabei ließ ich meine Blicke kreisen und erkannte, dass sich mittlerweile kaum noch jemand im Restaurant befand.
Nachdem das Handy abermals im Jackett verschwunden war, widmeten sie sich wieder unserem Gespräch und ließen sich durch folgende Worte animieren.
„Fünfhundert pro Stunde.“, flüsterte ich verlegen in den Raum.
Mit diesen Worten hatte ich wahrhaftig die letzte Hürde in Sachen Vorbehalt überwunden und erwartete einen letzten inneren Protest.
„Fünftausend und wir beide verbringen die restliche Nacht.“, begann Adamo mit einem Augenzwinkern auf wundersame Weise ein großes Stück meiner Unsicherheit zu relativieren.
Je mehr ich dennoch versuchte, sein Angebot in Frage zu stellen, desto mehr musste ich mir eingestehen, dass ich mein Schicksal längst akzeptiert hatte.
„Einverstanden.“, antwortete ich mit zitternden Händen und erwiderte den von unseren Worten begleiteten Toast.
Mein Schicksal liegt nun in euren Händen, gab ich lautlos hinzu und folgte dem vor dem Auge erscheinenden Auktionshammer. Ich hatte mich verkauft, doch weniger diese Tatsache entführte meine Moral, als vielmehr der Umstand, dass ich mich in diesem Moment erneut auf etwas schier Unvorhergesehenes einließ. Ich sinnierte nicht mehr über den Preis oder die Frage, was ich wert war. Sehnsüchtig versuchte ich stattdessen das Bild zu schaffen, das ich abgeben würde, wenn sie mit mir fertig waren. Genau diese Phantasien waren es, die sich augenblicklich einstellten und mein Bewusstsein in einen weiteren Schluck Champagner flüchten ließ. Die Vorstellung wann es passierte. Die Phantasien wo und auf welche Art es passierte. All das ließ mich augenblicklich feucht werden und die Befriedigung meiner Sucht nach Wagnis und Perversion beginnen.

 
 
„Sie entschuldigen mich?“, wandte ich mich von meinen Gedanken ab und stand auf.
„Lass uns nicht all zu lange allein.“, hörte ich gleich darauf einen von beiden sprechen. Die Worte kaum zu Ende gehört, spürte ich plötzlich eine Hand fest an meinem Arm. Als ich mich umdrehte, schaute ich in Adamos Gesicht. Herausfordernd, nahezu abwertend starrte er mich an. In dem Moment, in dem ich loslaufen wollte, wanderte seine Hand über meinen Po. Meine mittlerweile von Alkohol und Müdigkeit gelähmten Augen folgten den sanften Berührungen auf dem glatten Stoff, bevor sie sich gänzlich schlossen und meine Sicht verdunkelten. Ich fühlte mich in einen Rausch, während er weiterhin auf Tuchfühlung ging und seine Hand zwischen meine Beine schob. Meine Augen tanzten im Dunkeln durch den Raum und suchten emotionalen Halt. Nicht etwa weil ich Negatives empfand, sondern weil ich diese weiche und doch so fordernde Art als Zeichen der ersten Annäherung verstand. Meine geschlossenen Augen folgten der Hand, die an meinen Oberschenkeln nunmehr langsam nach oben glitt. Ich stand da und ließ es zu, ohne auch nur im Entferntesten zu rebellieren. Seine Hand wanderte bis zu meinem Schritt, wo sie verharrte und einfühlsam gegen meine Scham drückte. Als ich die Augen wieder öffnete, flimmerte es hell und dunkel, schwirrte alles wie in einem Karussell an mir vorbei.
 
 
Auf der Toilette angekommen, stellte ich mich vor dem großen Spiegel und ließ das reflektierende Bild auf mich wirken. Etwas verschwommen begann ich das was ich dort sah zu interpretieren, begann ich auf meine langen, glänzenden Haare zu schauen, deren Enden ich immer wieder mit meinen Fingern umspielte, in das verführerisch schimmernde Gesicht, auf die perfekt umschmeichelnde Garderobe, die ich in diesem Augenblick mit dem unteren Ende des Reißverschlusses großzügig öffnete.
Währenddessen ich mich dabei selbstverliebt anstarrte, öffnete sich plötzlich eine Tür. Als ich die Empfangsdame erkannte, zuckte ich erschrocken zusammen. Ohne etwas zu sagen oder zu tun, blieb sie stehen und schaute mich an.

Hinterlasse einen Kommentar