„Du lebst noch?“, begann sie das Gespräch mit einem Lächeln.
„Du anscheinend auch.“, erwiderte ich kühl.
Stille.
„Ich möchte Dich gerne sehen.“, versuchte sie mir anscheinend zu sagen, dass sie trotz unseres Streits große Sehnsucht empfand.
„Wie wäre es mit Samstag? 16 Uhr?“
„Geht es auch später? 16 Uhr bin ich wahrscheinlich noch immer das sexy Nummerngirl.“
Mir stockte der Atem.
„Du machst es doch?“
„Warum nicht?“
Noch im gleichen Atemzug begann ich mich zu fragen, ob allein diese Information der Grund ihres Anrufs war.
„Empfindest Du das nicht als deutlich unter Deinem Niveau?“, versuchte ich ihren Entschluss zu disqualifizieren.
„Nein? Außerdem habe ich Lust drauf!“
Das Wort Lust hallte in meinen Ohren unaufhörlich nach.
Stille.
„Hier in Berlin?“
„Ja, wo genau weiß ich aber noch nicht.“
Stille.
„Bei einem Boxkampf?“
„Einem ganzen Turnier.“
Hörte ich in ihren Worten so etwas wie Stolz?
„Und was ziehst Du dort an?“
„Keine Ahnung. Es gibt wohl einen Sponsor, der ein paar Sachen zur Auswahl stellt. Ich lasse mich überraschen.“
Stille.
„Hast Du Dich bei ihm gemeldet?“
Stille.
„Hast Du Dich bei ihm gemeldet?“, wiederholte ich unruhig.
„Ist doch egal.“
„Ist es nicht.“, schoss es aus mir heraus.
Ihre lakonische Art mit der sie auf meine Fragen mitunter antwortete, sorgte regelmäßig dafür, dass ich die Wahrhaftigkeit ihrer Worte, sofern sie denn überhaupt kamen, regelmäßig in Frage stellte. Je mehr ich ihr Vorhaben auf mich reflektieren ließ, desto aufgeregter wurde ich.
„Bist Du noch dran?“, hörte ich sie plötzlich wieder am anderen Ende der Leitung.
„Ja.“
Stille.
„Läuft alles professionell ab?“, versuchte ich die Geschwindigkeit meines Gedankenkarusells zu relativieren.
„Bisher schon.“, antwortete sie irritiert und schmunzelte erneut.
„Bist Du schon aufgeregt?“
„Es ist schön, Dich zu hören!“, lotste sie ihr schwankendes Interesse wiederholt ins Ungewisse.
Stille.
„Hast Du noch einmal über uns nachgedacht?“, versuchte ich auf ihre Bemerkung sehr wohl einzugehen.
„Pausenlos!“
„Und?“
„Können wir Samstag Abend darüber reden?“
„Sicher. Komm anschließend einfach zu mir.“
Kurz danach legten wir auf.
Es war Donnerstag. Demnach blieben mir zwei Tage, um ununterbrochen daran zu denken, welches Bild sie am Samstag abgeben und welche Reaktionen sie bei ihrem Publikum auslösen würde. War das der eigentliche Grund ihres Anrufs gewesen? Mich lediglich darüber in Kenntnis zu setzen, dass sie ihre Show definitiv durchziehen wollte und sie somit meiner Einschätzung in Bezug auf ihre Natur voll und ganz entsprach? Wütend warf ich mein Handy auf die Couch.
Sollte genau das ihre Absicht gewesen sein, hatte sie damit voll ins Schwarze getroffen, denn ich phantasierte mich in den beiden Tagen beinahe um den Verstand.
Während ich in der darauffolgenden Zeit immer wieder auf eine neue Nachricht von ihr hoffte, spürte ich, wie sich zu meiner Erregung und Eifersucht plötzlich Angst gesellte. Sobald ich mir dessen bewusst war, begann ich an ihre Worte zu denken und überlegte was passieren würde, wenn ich statt der Erregung meiner Träume tatsächlich nur noch die Eifersucht der bitteren Realität erfuhr.
Während alle drei Emotionen auf mich einstachen, meldete sich plötzlich etwas zu Wort, dass sich nach einer Erkenntnis anfühlte und ging dieser Stimme weiter nach. Es schien, als ob ich mit Hilfe dieser Erkenntnis meine Angst außen vor, Erregung und Eifersucht wieder nach Belieben genießen konnte und spürte umso mehr das Blut in meinem Schwanz. Im Grunde genommen ging es nicht darum, dass sie es am Samstag tat, sondern darum, dass sie sich eigenhändig dafür entschieden hatte. Es ging um Kontrolle. Es ging um Macht. Mit Situationen wie dieser entzog sie mir jegliche Grundlage dafür und lieferte mich hoffnungslos aus. Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gebracht, schaute ich auf die milchige Flüssigkeit in meiner Hand.
„Wann geht es bei Dir morgen los?“, schrieb ich ihr am Freitag Abend eine letzte sms.
„13 Uhr.“, antwortete sie kurz darauf.
„Jetzt aufgeregt?“
„Geht so. Bis morgen. :-*“, würgte sie meine Hoffnung auf weitere Worte ab.
Es war Freitag, Nachmittag, kurz nach halb fünf. Sofort nachdem ich die Nachricht geöffnet hatte, starrte ich wie paralysiert auf ihren mit einem metallisch glänzenden Monokini verzierten Körper, der ihre übrige, weitestgehend nackte Erscheinung lediglich mit dünnen Bändern äußerst dezent verband. Der Monokini schien darüber hinaus dermaßen eng, dass ich glaubte, die Ansätze ihrer Lippen erkennen zu können und zoomte ihren Schritt immer näher ran.
„Du geiles Stück!“, begann ich langsam vor mich herzuflüstern.
„Du geiles Stück!“, wiederholte ich und wichste dabei unaufhörlich meinen Schwanz.
„Ich könnte Dich jetzt richtig durchficken.“, tippte ich von unzähligen Fehlern begleitet auf die Tastatur. So sehr ich auf eine Antwort hoffte, ihre Reaktion darauf blieb für gut eine Stunde aus.
„So wie ich hier angestarrt werde, möchte das der eine oder andere auch.“, lenkte sie die Aufmerksamkeit kurzerhand wieder auf sich.
„Keine Angst! Das werde ich nachher schon übernehmen!“, antwortete ich ohne Umschweife. Ich war dermaßen erregt, dass es mich große Überwindung kostete, nicht noch einmal zu kommen und ließ zwischendurch immer wieder konzentriert von mir ab. Wieder verging viel zu viel Zeit.
„Bist Du Dir ganz sicher?“
„Absolut, Du geiles Stück!“
Die Tatsache, dass sie mich nach meinen Nachrichten auf eine Antwort dermaßen warten ließ, lag ihrer Beschäftigung oder unserer derzeitigen Diskrepanz zu Grunde?
„Hier sind nämlich sehr viele, die das gerne übernehmen möchten“., antwortete sie prompt.
„Ich stopfe Dir Deine Löcher bis zum Anschlag! Niemand sonst!“, rief ich voller Leidenschaft, während ich die Worte im selben Augenblick wie von Sinnen schrieb.
Noch im selben Augenblick spürte ich, wie sich meine jungfräuliche Erkenntnis bestätigte, dass genau dieses Zusammenspiel dafür verantwortlich war, weshalb ich diesen Nervenkitzel so sehr genoss! Erregung, Eifersucht und meinetwegen auch Angst! Urplötzlich musste ich mir eingestehen, dass sie es verstand, den Ball äußerst gekonnt zurückzuwerfen und somit das Spiel mit ihren eigenen Spielregeln versah, dass es genau das Spiel war, nach dem ich mich anscheinend insgeheim sehnte, dass es schließlich zu dem wurde was es letzten Endes war.