„Bist Du eine neue Stripperin?“, hörte ich es plötzlich hinter mir sprechen. Nachdem ich mich umgedreht hatte, erkannte ich vier Jugendliche, die mich von oben bis unten neugierig musterten. In dem Versuch herauszufinden, wer von ihnen gerade gesprochen hatte, hastete mein Blick von einem zum anderen.
„Wer will das wissen?“, antwortete ich in die Runde.
„Ich.“
Augenblicklich später schaute ich in die Augen eines Jugendlichen arabischer Natur der mir am nächsten stand und mit dieser Frage anscheinend seinen jungen Chauvinismus unter Beweis stellen wollte.
„Du?“, versuchte ich, seiner Antwort äußerst abschätzend entgegenzuwirken und wieder etwas mehr Distanz zu gewinnen.
„Nein?“, antwortete ich gespielt verwundert.
„Warum möchtest Du dann da rein?“
Neugierig blickte er auf meine Tasche.
„Wer sagt, dass ich hier rein möchte?“
„Du hast geklingelt?“
Der Versuch, meine Absicht zu leugnen, schien in diesem Augenblick in tausend Stücke zu zerspringen und begann, seine Äußerung mit einer arroganten Mimik zu versehen.
„Tanzt Du vor?“
Verlegen schaute ich weg. Für einen Mann seines Alters kannte er sich überraschend gut aus.
„Können wir zuschauen?“, unterbrach er meinen Gedankengang.
„Wobei?“, versuchte ich seine Anspielung ein weiteres Mal zunichte zu machen.
„Komm schon. Lass uns zuschauen.“, führte er seine selbstbewusste Ader nüchtern fort.
„Bläst Du meinem Kumpel danach einen?“, gab er plötzlich von sich und legte einen Arm um den spontan Auserwählten.
„Er hat heute Geburtstag.“
„Wie bitte?“, stotterte ich ungläubig in seine Richtung.
Ich konnte kaum glauben, was er gerade von sich gegeben hatte und spürte urplötzlich das Verlangen, ihm eine runterhauen zu wollen.
Anstatt jedoch meiner Moral zu entsprechen und diesen absurden Dialog ein für alle mal zu beenden, begann das seit Gesprächsbeginn anhaltende Zittern in meinen Knien langsam Richtung Schritt zu wandern. Über mein Empfinden fassungslos gestimmt, versuchte ich persönlicher zu werden und die Reife seiner Natur mit einzubeziehen.
„Wie alt bist Du eigentlich?“
„Ist doch egal!“
„Ist es nicht!“
Seine Augen leuchteten plötzlich auf und ließen ihn nun ebenfalls wegschauen. Doch anstatt zu resignieren und endlich das Weite zu suchen, begann er noch einen Schritt weiter auf mich zuzugehen. Je dichter er kam, desto mehr wich ich zurück, solange bis ich die Hauswand hinter mir spürte.
„Vierzehn.“, antwortete er selbstbewusst.
„Und Du?“
„Und Du?“, wiederholte er gleich darauf aggressiv.
„Fünfundzwanzig.“
Mein Herz schlug wie wild. Weshalb um Himmels willen antwortete ich ihm? Noch dazu ehrlich? In dem Moment in dem ich meinen Kopf wegdrehte, um mich ein weiteres Mal auf die vorbei laufenden Passanten zu konzentrieren, grapschte er mir auf meine Brüste.
Statt sofort zu reagieren und ihn wegzustoßen, ließ ich ihn überraschend gewähren und starrte ihn vollkommen perplex an.
„Die Schlampe trägt keinen BH!“, rief er aufgeregt zu seinen Begleitern, kurz bevor ich ihm schließlich doch eine langte und mit einem kräftigen Stoß nach hinten stieß.
„Hast Du sie noch alle!“, schrie er mich daraufhin an.
Hatte ich seiner Zudringlichkeit im Außen vorerst ein Ende gesetzt, beschäftigte mich das soeben Erlebte im Innern auch weiterhin. Vollkommen paralysiert blickte ich auf den ein oder anderen Fußgänger, der im selben Moment stehenzubleiben und durch den dünnen Stoff meines Tops auf meine harten Brustwarzen zu starren schien.
Wutentbrannt hielt er seine rechte Wange und starrte mich an.
„Ich ficke Dich in den Arsch, Du Hure!“, schrie er mir nun immer wieder ins Gesicht. Ich kenne den Besitzer, Du Hure. Ich warte hier auf Dich und dann ficke ich Dich!“
Sein Antlitz war dabei dermaßen nah, dass seine Wut während des Sprechens immer wieder in meinem Gesicht landete.
„Olivia?“, hörte ich es plötzlich hinter mir sprechen. Blitzschnell drehte ich mich um.